Safikada – die Legende über die Schönheit aus Banja Luka

Sevdalinka wurde im Jahr 2024 (19.COM) in die Repräsentative Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen
6. Dezember 2024

Safikada – die Legende über die Schönheit aus Banja Luka

Bosnien und Herzegowina hat im Laufe ihrer Geschichte einen großen Reichtum an Legenden gesammelt, die von verbotenen Lieben, tragischen Verläufen und unglücklichen jungen Frauen, die sich nach ihrem Liebsten verzehren, handeln. Eine der schönsten ist die Lebensgeschichte der jungen Safikada aus Banja Luka.

Es gibt einige Legenden über die schöne Safikaduna oder Safikada, nach einigen Erzählungen könnte es die Enkelin von Ferhat-Pascha Sokolović gewesen sein, aber sowohl diese Erzählung als auch die Legende unterscheiden sich, je nachdem aus welcher Quelle sie kommen.

Eine der Legenden besagt, dass es eine junge Frau gewesen wäre, die sich wegen der unerfüllten zu einem Soldaten, der im nahegelegen Kastell stationiert war, das Leben genommen hatte:

„Sie, Safikaduna, schönes und junges Mädchen, welcher keine andere in Banja Luka das Wasser reichen konnte, und er, Omer, ansehnlicher und unbeugsamer Bosnier, in das Heer des Sultan Fatih einberufen. Diesem jungen Soldaten fiel es zu, seinen Militärdienst in der nahegelegenen Kastellfestung abzuleisten. Die Liebe entflammte auf den ersten Blick. Während die schöne Safikada unterhalb der Altstadtmauern spazieren ging, betrachtete sie heimlich den jungen  Soldaten und er verguckte sich sofort in sie. Ihre Herzen schlugen lauter.

Tagelang schauten sie sich an, flüsterten sich zu und trafen sich heimlich, aber die Liebschaft dauerte nicht lange an. Safikada’s Eltern sahen es nicht gerne, dass der Auserwählte ihrer Tochter ein Soldat ist. Sie sagten ihr:

-Tochter, ein Soldat ist heute hier und morgen Gott weiß wo, das hängt stets vom Befehl des Zaren ab. Diese Liebe hat keine Zukunft!

Und es geschah so, wie es geschehen musste. Der Befehl aus Konstantinopel kam. Safikada’s Eltern atmeten auf.

Der stattliche Soldat wurde versetzt, weit weg von Banja Luka entfernt. Bevor er jedoch die lange Reise antrat, trafen sie sich heimlich unterhalb der Baumwipfeln am nahegelegenen grünen Vrbas. Sie schworen sich die Treue bis zum Tod.
Es dauerte nicht lange, da kam die traurige Kunde. Auf dem Schlachtfeld verlor ihr Soldat sein Leben.
Von Kummer und Schmerz zerrissen, trauerte die schöne Safikaduna tagelang. Sie konnte den Geliebten nicht verwinden. Bevor das „Baljemaz“-Geschütz auf der Kastellfestung mit einer Salve den Mittag ankündigen sollte, eilte sie in den schönsten Jungferngewändern nach oben.

Während die Lunte brannte, stellte sie sich schnell vor das Kanonenrohr …

Die zweite Legende besagt, dass die schöne und eigensinnige Safikada sich bewusst dem Befehl eines österreichisch-ungarischen Soldaten widersetzt hat und so umgekommen sei.

Nach dieser Erzählung, ereignete sich Sefikada’s Schicksal im 19. Jahrhundert, als das österreichisch-ungarische Heer im Kastell stationiert war. Safikada war die Tochter eines namhaften Händlers aus Banja Luka, weit und breit gerühmt für ihre Schönheit.

Wie in der vorherigen Geschichte, war ihr Leben bereits vorherbestimmt. Die Eltern einer schönen Tochter aus gutem Hause konnten unter den zahlreichen Anwärtern den Besten erwählen und so ihrer Tochter ein Leben sichern, wie ihn sich jede junge Frau jener Zeit wünschen würde.

Aber ein liebendes Herz lässt sich nicht bändigen.

Bei einem ihrer Spaziergänge um den Kastell fiel Safikada ein österreichisch-ungarischer Soldat auf und die beiden jungen Menschen verliebten sich auf den ersten Blick ineinander. Damals war es für eine muslimische Familie nicht vorstellbar, es zuzulassen, dass ihre Tochter einen Ungläubigen heiraten könnte. Weil sich zu jener Zeit eine junge Frau nicht ohne Begleitung bewegen durfte, trafen sich Safikada und ihr Soldat heimlich, meistens wenn er Wachdienst hatte.

Wie in der ersten Geschichte, beschlossen Safikada und ihr Geliebter davonzulaufen, aber seine Abordnung an die Front verhinderte dies. Als sie die Nachricht über seinen Tod erhielt, beschließt Safikada ihren Treueschwur einzuhalten und selbst in den Tod zu gehen, indem sie sich dem Befehl eines österreichisch-ungarischen Soldaten widersetzt, der sie auffordert, sich nicht dem Kastell zu nähern. Nachdem sie dennoch weiterlief, schoss er und tötete sie genau an jenem Ort, den sie heimlich mit ihrem Liebsten aufsuchte. Damit machte er sie zum Symbol der ewigen Liebe.

Zu allen Legenden die geschrieben wurden oder auf Safikada’s Grabstätte erzählt werden, ist die tragisch endende Liebe zwischen Safikada und dem stattlichen Soldaten oft besungen worden. Eines dieser Lieder lautet:

„Legenda jedna još uvijek živi:
Za ljubav svoju,
Safikada iako mlada
svoj život dade.
I ove noći neko će proći
tu pokraj zdanja Ferhadije,
neko ko beskrajno voli,
ko ljubav cijeni i ljubav krije.
Niko ga kažu video nije
i niko ne zna ko to radi.

Ko svako veče kad akšam pada
zapali svijeće Safikadi.
Tužno je bilo kad haber stiže
da on se nikada vratiti neće.
Pred top je stala lijepa Safikada
i krvlju zalila cvijeće.”

(Das Lied im Geiste der Sevdalinka schrieb Vlado Dijak, gesungen von Zekija Čuturić, 1972)

Lied anhören

Neben allen Versionen über Safikada’s Legende, gibt es auch Stimmen, die sich kritischen Untersuchungen des historischen Mythos gewidmet haben:

Husein Sejko Mekanović, Kunsthistoriker und Soziologe mit dem Schwerpunkt Kunstgeschichte des Mittelalters, hat auf seinem Blog darauf hingewiesen, dass es sich augenscheinlich um einen mittelalterlichen Mythos handeln würde, der auch den deutschen Dichtern der Romantik bekannt war.

Er hält es für wahrscheinlich, dass die Legende tatsächlich zur Zeiten der Besetzung Österreich-Ungarns in Bosnien und Herzegowina (1878-1918) entstand und das unter dem Einfluss der berühmten Ballade »Lenore«, die der deutsche Dichter Gottfried August Bürger (1747-1794) geschrieben hatte.
Genauso wie Safikada war Lenore die Tochter sehr angesehener Eltern und eine unglücklich verliebte junge Frau. Auch Lenora’s Liebster war ein einfacher Soldat, der zusammen mit der Armee Friedrichs II von Preußen (1712-1786) zu Pferd in der großen Schlacht bei Prag am 6.5.1757 kämpfte und in diesem Kampf tödlich verwundet wurde. Wie Safikada, so schwor auch Lenore eines Nachts, den Mond und die Sterne betrachtend, ihrem Geliebten die ewige Treue bis zum Tod! Wie auch Safikada, verlor Lenore ihr junges Leben gekleidet in Brautgewändern! Sowohl für Safikadas, als auch für Lenores Tod war ein Soldat ursächlich: Safikada’s Liebster zieht auf einem Pferd in den Kampf, Lenore’s Liebster kommt als Toter aus dem Kampf auf einem Pferd  zurück! In Safikada’s Legende und in der Ballade »Lenore« gibt es noch einige interessante Details, darunter sollte ein Augenmerk darauf gesetzt werden, dass Safikada genau um die Mittagszeit stirbt und Lenore genau um Mitternacht.

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https://web.archive.org/web/20160304223219/http://www.nkp.ba/horion-bosna-legenda-o-safikadi-najljepsoj-bosanki/
https://sejko-hm.blogspot.com/2013/06/normal-0-21-false-false-false_30.html
https://banjaluka.net/safikada-najpoznatija-legenda-banjaluke/
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