Die erste bosnische muslimische Dichterin war Umihana Čuvidina.
Sie wurde Ende des 18. Jahrhunderts (ca. 1795 – 1870) am Hrid in die Familie Čuvid geboren – welche im Gastgewerbe und im Obsthandel tätig war. Ihr Geburtshaus befand sich an der Ecke des Mujezin Sokak, im kleinen Sarajevoer Stadtviertel unterhalb des Kačanik.
Nach dem tragischen Tod ihres Verlobten fing Umihana an, Gedichte zu schreiben.
Von diesem erlittenen Schicksalsschlag erholte sie sich nie wieder.
Unter den Fahnenträgern der bosnischen Armee war nämlich auch Umihana’s Verlobter Mujo Čamdži aus Bistrik.
Laut den Historikern Sejfudin Kemura und Vladimir Ćorović kam dieser bei den Kämpfen nahe Loznica ums Leben.
Aus Trauer über sein Ableben blieb Umihana zeitlebens unverheiratet.
Vom Tod ihres Verlobten erfuhr sie im Oktober oder November 1813.
Das war der Augenblick, als sie beschloß, ihr restliches Leben als Verlobte des Helden Čamdži Mujo zu verbringen und die Erinnerung an ihn zu wahren.
Schönes Mädchen aus armer, aber anständiger Familie
Umihana’s Entscheidung, sich nie wieder verheiraten zu wollen, erschien den Menschen ziemlich seltsam.
Als sie noch lebte, erzählte man sich in Sarajevo „wie ein schönes Mädchen aus armer, aber anständiger Familie vor Trauer und Schmerz für immer auf eine Heirat verzichtete“.
Der Kummer rief in Umihana das Bedürfnis und den Wunsch hervor, Čamdži Mujo für immer in Erinnerung zu behalten, zuallererst in ihrer eigenen und dann auch als schriftliche Spur in der bosniakischen Literatur.
Ihre Poesie war durch die Volksdichtung inspiriert, aber sie verwendete selten Turzismen; ihre Werke sind von schöner und reichverzierter Sprache durchzogen.
“Lieben wie Sevda”
Ihre Gedichte waren im alten Sarajevo so populär, dass sie mündlich in den Stadtvierteln weitergetragen wurden und schließlich als Volksdichtung galten.
Erwähnenswert ist die Tatsache, dass sich Umihana selbst Sevda nannte – in Anlehnung an Sevdah.
Nach einigen Autoren war die Redewendung „man liebe wie Sevda“ vor dem Zweiten Weltkrieg geläufig.
Sie ist nicht amtlich verzeichnet…
Offizielle Angaben über Umihana Čuvidina existieren in keinen amtlichen Dokumenten in Sarajevo.
Es wird angenommen, dass der Grund hierfür darin lag, dass sie keine notwendige Anforderung zur Eintragung erfüllte:
– eine Heirat im Standesamt
– Erbstreitigkeiten nach dem Tod einer Frau
– im Falle, dass eine Frau Vermögen stiftet
– Märtyrertod einer Frau
Nichts davon traf auf Umihana zu . Amtliche Vermerke über ihre Existenz gibt es nicht. Es wird angenommen, dass sie vermutlich um 1870 starb und „Unter dem Gaj“ am Hrid begraben sei, wahrscheinlich ohne eine Grabinschrift.
Es muss angemerkt werden, dass zur damaligen Zeit armen Frauen, die auch noch unverheiratet waren, die Grabsteine nicht beschriftet wurden.